Nach kurzer Schuhputzaktion (in Neuseeland wird penibelst darauf geachtet, dass keine Fremdstoffe in das einzigartige Ökosystem eindringen), reisten wir voller Enthusiasmus in jenes Land ein, auf das wir uns im Vorfeld vielleicht am allermeisten gefreut hatten. Unkompliziert und etwas von den kühlen Temperaturen überrascht, fuhren wir per Uber in unser Jucy Hostel in der Innenstadt Aucklands. Und schon bald lernten wir die Wechselhaftigkeit des neuseeländischen Wetters so richtig kennen: der Sonnenschein wurde immer wieder von kürzeren und längeren Regenintervallen unterbrochen – und genauso umgekehrt. Wir verstanden es aber auch schnell, uns darauf einzustellen und wappneten uns bei jedem, auch wenn nur zehnminütigem, Ausgang mit Regenjacke und Haube, sowie mit Sonnenbrille und der dazugehörigen -creme.
Auckland
Gut eingepackt und auf alle Wetterlagen vorbereitet stapften wir nun durch das hippe Auckland und konnten der Verlockung einfach nicht widerstehen: wir durchkämmten jeden Outdoor-Artikel Händler den wir so fanden und steigerten deren Quartalszahlen. Es waren tatsächlich zahlreiche Kathmandus, MacPacs, Patagonia-Stores etc. die wir durchforsteten und uns mit Fließjacken, Daypacks, Wanderhose etc eindeckten. Dass wir seit langem wieder einmal Camping Accessoires nutzen konnten, übte einen gewaltigen Reiz auf uns auf. – Vor allem hatten wir bald auch richtig viel Platz, da wir ganze Ausrüstung nicht selbst tragen, sondern mit dem Campervan herum-chauffieren konnten.
..schon ein bisserl stolz, wenn man ein Foto, das man selbst beauftragt hat und bei dem Shooting dabei war, am anderen Ende der Welt vorfindet!
Am Nachmittag entschieden wir uns für eine 30-minütige Fährenfahrt nach Devonport, einem charmanten Vorort von Auckland, wo wir später auf Maria treffen sollten, einer der bedeutendsten Frauen von Martins Auslandssemester in Schweden. Nach einem Spaziergang auf den Aussichtshügel und durch die Einkaufsgassen fanden wir eine Hotelbar, in der wir bei Kaminfeuer & Livemusik mit IPAs auf Maria warteten. Das Wiedersehen war so schön und herzlich, dass wir uns für den Folgetag gleich nochmals verabredeten.
Zunächst befolgten wir am nächsten Tag noch den Ratschlag der Einheimischen und fuhren wieder mit der Fähre, dieses Mal auf Waiheke Island: quasi die die Wochenend‘ und Weinbauinsel der Stadt. An schönen Tagen hätte man mit dem Bike oder E-Bike die Insel erkunden können, diese Entscheidung nahm uns jedoch das Wetter ab und so fuhren wir mit dem Shuttlebus von Winzer zu Winzer. – Wie die Südsteirische Weinstraße, nur auf einer Insel und vielleicht nochmal etwas g’spitzer – wir genossen es sehr.
Dem Jucy Hostel gönnen wir auch eigenen Absatz weil es einfach erwähnenswert und für jeden Neuseelandurlauber relevant ist: Jucy Vans sind die wahrscheinlich – nicht nur gefühlt sondern echt – größte Campervermietungs Firma in Neuseeland. Es vergeht kaum eine Stunde Autofahrt, in der man die grellgrün-violetten Campervans nicht sieht. Marketingtechnisch ganz ordentlich, wobei sie es andererseits auch geschafft haben auf der Rückseite ihrer Vans 3 verschiedene Typos/Schriftarten zu platzieren (Ja, sowas fällt einem eben auf, wenn man in dem Bereich arbeitet). Wenn wir wieder einmal nach Neuseeland kommen, würden wir wahrscheinlich zu einem Campervan von Jucy greifen, da diese (auch wenn die teuersten und knalligsten) von der Innenausstattung und der Durchdachtheit den besten Eindruck machen. Für die ersten Nächte schliefen wir also in einem grellgrün-lila dekorierten Hostel – preislich hat es auf jeden Fall gepasst.

Northland
Und so folgte schon der Tag an dem wir unser mobiles Zuhause für die nächsten fünfeinhalb Wochen abholen konnten. Das ist er: unser Campervan (leider haben wir es irgendwie bis zum Schluss nicht geschafft, uns auf einen Namen zu einigen…):
Zugegeben, der erste Tag selbst am Steuer mit Linksverkehr kostete uns schon sehr viele Nerven – einfach auch weil sich die/der Beifahrer/in nochmals weiter an den Straßenrand versetzt fühlte und der/die Fahrer/in vielleicht tatsächlich auch oft zu weit links gefahren ist, aber das legte sich zum Glück nach ein paar Tagen. Wir beluden im Supermarkt unseren Einkaufswagen, als ob Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Allerheiligen und Allerseelen zusammen gelegt worden wären – einen richtigen Supermarkt mit richtig vielen, frischen Lebensmittel hatten wir schon lange nicht mehr gesehen. Danach fuhren gen Norden, ins sogenannte „Northland“ Neuseelands hinauf.
Wir hatten die erste Nächtigung in unserem „Self Contained“ Campervan vor uns: in Neuseeland gibt es die Zertifizierung „Self Contained“ bei Fahrzeugen und das heißt so viel wie, mit Wasser- und Abwasserbehälter sowie Camping-WC (auch wenn wir es nie benutzten) ausgestattet – denn auf manchen Gratis-Campingplätzen, darf man nur mit solch zertifizierten Fahrzeugen stehen. Wir planten also nahe der Waipu Caves zu nächtigen, die wunderschön im Nirgendwo des Northlands liegen, nach einigen letzten Kilometern Zufahrt über eine Schotterstraße. Die Höhlen sind bekannt dafür, Glühwürmchen zu beherbergen und auch wenn es schon dunkel wurde wagte sich Martin spät abends noch in die Höhle (in der es ja sowieso dunkel ist). Schon beeindruckend wenn sie in der Gesamtheit so von der Decke leuchten, aber wenn man näher rangeht, schauen die schon auch recht grausig aus.
Schon in dieser ersten Nacht bemerkten wir, dass – auch wenn wir uns offiziell noch in der Vorsaison befanden – der Tourismus in Neuseeland schon voll im Gange ist. Etliche Wohnmobile und Campervans parkten an diesem Abend bei den Waipu Caves und es würde im Laufe der Zeit und je weiter wir nach Süden fuhren immer mehr werden.
Den nächsten Tag starteten wir mit einer kleinen Wanderung und bei dieser ersten von vielen Weiteren in Neuseeland machten wir gleichmal eine wichtige Erfahrung: NEVER leave the campervan without a rain jacket, oder; nie ohne Regenjacke außer Haus! Anm. Maria: Was mir meine Eltern zwar eh schon immer, auch bei Wanderungen in Österreich eingeschärft hatten, aber es war an diesem Tag einfach so schön und vorerst weit und breit kein Wölkchen zu sehen.
Wir genossen die Roadtrip Stimmung, Radio/Musik rein, ab auf die Landstraße und dem Horizont entgegen – es gibt einfach so vieles zu sehen bei so einer Autofahrt durch Neuseeland. Anfangs am markantesten waren für uns die grünen Mischwälder – und zwar richtige Mischwälder mit Nadelbäumen, Laubbäumen, Palmen und unzähligen Farnen – herrlich! Und dann natürlich auch die unzähligen Flüsse, Strände, Schafe, Kühe, Hirsche, …… Wenn man ein Stück gefahren ist, bleibt man in einem Dörfchen (es ist fast jede Stadt bis auf Auckland, Wellington & Christchurch ein Dörfchen) stehen und wir bestellen 2 Cappuccino und 1 Americano – bitte ohne Zucker! Was die Architektur und Gastronomie anbelangt sind die Neuseeländer eine Mischung aus Engländern und Amerikanern. Auf zwei Händen ist es nicht abzählbar, wie oft wir „die besten Fish & Chips des Landes“, der Insel oder sogar of the Universe angeboten bekommen haben.
Wir fuhren weiter Richtung Norden, nach Pahia in die Bay of Islands; der Geburtsstätte Neuseelands. Auf den Cooks hatten wir Jan kennen gelernt, die dort einen kleinen Campervan Park besitzt und uns dankenswerter Weise eingeladen hatte. Ohne zu übertreiben, solltet ihr mal nach Pahia kommen und einen Campervan Park brauchen: steigt bei Jan ab, zentral gelegen, mit modernen Anlagen, sehr gut ausgestattet – und richtet ihr bitte einen lieben Gruß von uns aus. 😉
Wie es der Zufall so will, war agrat am folgenden Tag das Dorffest in Pahia – ein Wine & Foodfestival – mit landesweit bekannten Bands, Kinderprogramm und Pie- und Austern-Wettessen (wie gesagt, sehr amerikanisch..). Mitten am Nachmittag stellte eine der Bands die Frage, ob sich auch deutschsprachige Besucher im Publikum befanden und dann stimmten sie einfach 99 Luftballons an! Kurzerhand wurden wir in die erste Reihe gedrängt, vielleicht weil wir am meisten dazu abtanzten und lautstark und textsicher den ganzen Song mitsangen.
Es war eine Mischung aus einer amerikanischen Gartenparty und einem Dorffest bei uns z’Haus. Was besonders auffiel: egal ob jung, ganz jung oder alt – alle tanzen ausgelassen vor der Bühne zu den Klängen der Live Band. Vielleicht waren es auch einfach die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings, die mit Weinglas in der Hand gefeiert werden wollten.
Wenn man schon so weit im Norden ist, bietet es sich auch an bis zum neuseeländischen Nordkap – dem Cape Reinga raufzufahren. Da dies trotzdem nochmals 1000 km Fahrtstrecke bedeutete – und wir es von allen Seiten eingeredet/empfohlen bekamen – buchten wir eine Bustour. Eine adrett gekleidete Buslenkerin, die auch gleichzeitig den Tourguide und die Entertainerin verkörperte, holte uns früh Morgens vom Campervanpark ab. Um sich die Busfahrerin noch etwas besser vorstellen zu können: sie war eine englische Lady, die diesen riesigen Bus durch die kurvigen Straßen des Nordens lenkte und gleichzeitig ihre Reisegruppe auf Pünktlichkeit bei den Tourstopps drillte, da sie ankündigte (es blieb bei dieser Ankündigung), dass Zuspätkommende ihr beim Busputzen helfen müssten. Ich muss zugeben ich bin echt kein Fan von Bustouren, weil die meist nicht dort stehen bleiben, wo ich es gerade schön fände (um ein Foto zu machen) und man mit Massen durchgeschleust wird, aber diese Fahrt war aufgrund der zurückzulegenden Kilometer und der Zusatzinfos die man bekommt, echt empfehlenswert.
Auch der sandige Untergrund des 90 Mile Beach, den wir bei Ebbe befuhren, konnte dem riesigem Bus nichts anhaben. Auf dem meilenlangen Beach (der übrigens nur 55 Meilen/88 km lang ist, weil der Vermesser die im Sand unterschiedliche Schrittlänge der Pferde nicht mit einbezogen hat) stießen wir auf zahlreiche Wildvögel, Seerobben, Autos und eine Vielzahl, gutbepackter Wanderer. Diese Wanderer waren alle guter Stimmung und hatten noch einen weiten Weg vor sich – ihnen stand eine Nord-Süd-Durchquerung des Landes bevor. An dieser Stelle fragten wir uns, wie es denn unseren Freunden Pam und Jenny im Endspurt der Durchquerung der USA, des Pacific Crest Trails ergehen würde.
Nach der Attraktion Sandsurfen von der Düne, fuhren wir dorthin, wo es danach auch nicht mehr weiter ging: zum Cape Reinga. Hier trifft das Tasmanische Meer auf den Pazifischen Ozean, was man auf den Drohnenbildern im Farbunterschied auch recht schön sieht. Auf unserer Rückreise macht wir nochmals halt und schmausten nicht etwa die besten Fish&Chips des Bezirks, nein die angeblich besten Fish&Chips of the Universe.

Einen weiteren Stopp widmeten wir den Kauri-Bäumen (ausgesprochen: Codey-Bäume). Diese einzigartigen Bäume, welche mehrere Tausend Jahre alt werden können, haben für die Maori (Ureinwohner Neuseelands) eine höhere, spirituelle Bedeutung. Als Kapitän James Cook im 18. Jahrhundert Neuseeland als erster Europäer bereiste, entdeckte er das starke, gerade gewachsene Holz der Kauri-Bäume und verwendete es zur Reparatur seines Schiffes. Ihm folgten viele weitere Schiffsbauer, doch auch das Harz des Baumes wurde gebraucht und so schnell konnte man garnicht schauen, wurden innerhalb weniger Jahre massenweise tausende Jahre alte Kauri-Bäume abgeholzt. – Soviel zu dem Respekt den man so vielen Ureinwohnern auf der ganzen Welt bei allen möglichen „Entdeckungstouren“ nicht zollte. Heute stehen diese Bäume unter Schutz, da sie bereits vom aussterben bedroht sind, nurmehr das Holz von bereits toten Bäumen wird verwendet.
Ein besonderes Erlebnis war es auch, in Neuseeland ins Kino zu gehen. In dem Saal, nicht viel größer als ein Klassenzimmer, wurde nämlich schon 5 Tage früher als in Europa, der von der Presse hochgelobte Film „Der Joker“ gespielt. Bevor der eigentliche Film startete, waren es nicht so wie gewohnt aufwendig produzierte Werbespots diverser Auto-, Uhren- oder Deohersteller, die über die Leinwand flackerten: es war eine Powerpoint-Präsentation der lokalen Zahnärzte, Tischler & Installateure. Herrlich!
Da mir Jan bereits auf Rarotonga den neuersten und schönsten Bikepark des Northlands angepriesen hatte, nutzte ich die Chance sofort um Maria in den Genuss von kilometerlangen flowigen Trails in schönster Naturlandschaft kommen zu lassen. Ich hatte diesmal sogar das Gefühl, dass ihr das Downhill fahren fast genauso gut gefiel wie Uphill zu strampeln – was mir in Österreich zuvor noch nie gelungen wäre.
Nach Panoramarouten über Küstenstraßen und kurzen Stopps in Auckland und Hamilton, zog es uns weiter auf die Halbinsel Coromandel. Bei all den Schwärmereien über diese Reise und unsere Reisegemeinschaft, möchte ich euch auch die ungeschönte Wahrheit nicht vorenthalten: Nach 7 Monaten des gemeinsamen Reisens und (vor allem in Neuseeland) des auf engstem Raum zusammengepfercht seins lagen die Nerven blank. Vielleicht war es die erhöhte Anspannung, des verkehrten Straßenverkehrs geschuldet oder weil man sich in einem Campervan einfach niemals richtig zurückziehen konnte oder weil manch einer mehr plante, ein anderer mit den Gedanken noch auf einer anderen Insel war, oder die Gesamtsituation einen zum explodieren brachte – jedenfalls kam es hier, in Thames, auch zu unserem ersten Disput.
Da hilft nur eine vernünftige Aussprache und vielleicht auch etwas schmollen und granteln, denn danach war eigentlich auch wieder alles gut.
Coromandel

Auf Coromandel folgen charmante Fischerdörfchen auf verschlafene Goldgräberdörfchen und dann ist da natürlich auch noch der berühmte Hot Water Beach, den wir gleich mal ausprobierten: 2 Stunden vor und nach der Ebbe kann man, mit Schaufeln ausgerüstet, sich am Strand seinen privaten Pool graben, der im idealen Verhältnis mit lavagewärmten Quellwasser und abkühlenden Meerwasser gefüllt werden sollte.
Da wir relativ spät ankamen, hatten wir das Glück uns in ein gemachtes Nest setzen zu können. So genossen wir ein heißes Strandbad im sonst noch eher kühlen neuseeländischen Frühling.
Auch wenn wir immer wieder hoffen oder glaubten, fernab vom Massentourismus Plätze zu entdecken, kommt es finde ich Neuseeland finde ich besonders oft vor, dass man sich bei den typischen Sehenswürdigkeiten wieder findet, die zwar in jedem Blog und Reiseführer als „Geheimtipp“ beschrieben werden – aber längst keine mehr sind. Aber egal – schließlich gibt es schon einen Grund dafür, dass diese Plätze immer wieder empfohlen werden. Das spannende beim Sightseeing in Neuseeland ist ja: es handelt sich nicht – wie oftmals in Europa – um alte Gebäude, Kirchen und Burgruinen in welche hunderte Menschen strömen. Weil Neuseeland so jung ist und sein ältestes Gebäude aus den 1830er Jahren stammt, sind die meisten Sehenswürdigkeiten auf natürliche Weise entstanden und hatten vor allem für die Maori eine tiefergehende Bedeutung. Das gute daran: es erfordert oftmals einen längeren Spaziergang/eine kleinere Wanderung um dorthin zu gelangen, was die Massen an Touristen automatisch etwas beschränkt.
So ist auch die Cathedral Cove kein von Menschenhand gestalteter Tourismus Magnet, sondern einfach eine Küste mit steilen Klippen, die durch das Einwirken der Gezeiten des Meeres über Jahrtausende hin spannende Formen angenommen haben. Die „Cathedral Cove“ waren einst zwei Höhlen, die zu einem Tunnel wurden und nun zwei Strandabschnitte verbinden. Hoch und spitz zugelaufen, wie eine Kathedrale und durch die verschiedensten Steinschichten entsteht eine wahnsinnig coole Optik.
Unsere erste Ganztageswanderung in Neuseeland zog uns auf die Pinnacles, den höchsten Punkt der Halbinsel (es sollten übrigens noch 6 weitere Wandertage folgen, wir mussten uns ja schließlich auf auf die bevorstehende 10-Tageswanderung in Patagonien vorbereiten). Wandern in Neuseeland, ist doch etwas anders als in der Alpenregion. Erstens startest du direkt vom Trail los, da beim Einstieg meist eine tolle Infrastruktur wie WC und ein Gratis-Stellplatz für Self-Contained Campervans geboten wird. Die Wanderwege gehen oft direkt durch den Urwald, man ist also durch die Bäume vom Regen geschützt, was aber auch heißt, dass die Aussicht bis zum Gipfel auf sich warten lässt. Man wird gebeten beim Einstieg die Schuhe zu putzen, um die heimische, einzigartige Flora und Fauna vor allem aber besonders die imposanten uralten Kauri-Bäume zu schützen.
Auch die Ausrüstung mit der die Leute auf den Berg gehen, sowie auch das Wandertempo sind hier viel unterschiedlicher als in Österreich. Das allgemeine Verständnis vom Wandern in den Alpen sehe ich so: ich gehe zeitig in der Früh los, nimm in meinem Rucksack genügend Jause und Trinken für den Tag mit, wandere mit solidem Schuhwerk und angepasster Ausrüstung meines Weges. Das ist Wandern. Trailrunner gibt es zwar schon immer wieder, sind aber eher die Ausnahme.
Was wir in Neuseeland erlebt und gesehen haben, hätte unterschiedlicher nicht sein können: von Pärchen mit kurzen Shorts und Flip-Flops über Mädls in Jogapants, die perfekt gestylt und geschminkt, mit Bluetoothbox und lauter Musik ausgerüstet, dafür aber ohne Rucksack für Jause oder Erstehilfe-Tascherl die 7 Stundenwanderung gelaufen sind, bis hin zu jenen die die selbige Wanderung um 3 Nachmittags in Turnschuhen und Jogginghose gestartet hätten. Ein ganz großer Trend ist auch – wie wir es auch schon am Mount Batur in Bali erlebt haben – in der Finsteren, mitten in der Nacht hoch zu wandern um den Sonnenaufgang vom Gipfel aus zu sehen – was anderes auf Instagram zu posten ist doch auch fast schon peinlich oder?
Die Pinnacles Wanderung war auf jeden Fall richtig schön und abwechslungsreich. Will sich jemand mehr Zeit lassen, würde ich diese auf 2 Tage machen und auf der Hütte oben am Hochplateau schlafen – diese macht einen richtig heimeligen Eindruck.
Hobbiton
Neuseeland diente bekanntlich als Drehort für die Verfilmung von JRR Tolkins „Herr der Ringe“. Auf halber Strecke zwischen Hamilton und Rotorua befindet sich das touristisch perfekt inszenierte Hobbiton – der Drehort für das Auenland. Zugegeben, der Preis, sowie dass man mit Selfie-geilen Menschenmassen im 15 Minutentakt durch die Filmkulisse geführt wird, mag vielleicht abschrecken – doch ist diese Attraktion wie wir finden definitiv einen Besuch wert. Das Auenland wurde mit einer Liebe, ja einer Vergötterung bis hin zum kleinsten Detail aufgebaut. Seien es die Gemüsegärten und Blumenbeete, die ausgetretenen Wege zu den Wäscheleinen oder der andauernde Rauch aus den Kaminen der Hobbithöhlen – man bekommt richtig das Gefühl, jeden Moment könnte sich eine der runden Haustüren öffnen und ein Hobbit käme hervor. Außerdem erfährt man allerlei Funfacts, Hintergrunddetails und irrsinnigen Hürden die bei den Dreharbeiten berücksichtigt werden mussten. Das inkludierte Craft-Bier im Green Dragon, der Dorftaverne, sorgte noch für das Tüpfelchen auf dem i.
Nachdem wir zwei Jahre zuvor ein regelrechtes „Heiße Quellen-Hopping“ in Island veranstaltet hatten, freut ich mich auch schon sehr auf die Whakarewarewa Region um Rotorua. Mitten in der Stadt qualmte es aus den Kanaldeckeln und Tümpel und Schwefelwolken brachten uns warme Luft entgegen. Jedoch wollte das Wetter per tu nicht mitspielen und da es hier nur regnete und das nicht unbedingt zu Erkundungstouren einlud, setzten wir unseren Weg weiter fort nach Taupo.
Zu unserem Frohlocken, stießen wir dort gleich auf eine heiße Quelle am Fluss, in der wir den gesamten Nachmittag ein Open Air Spa veranstalteten.

Tongariro Nationalpark
Eine längere Autofahrt durch die malerische Landschaft, vorbei an unzähligen Dörflein, die das Frollenfischen anpreisen, brachte uns zum Skiort Whakapapa.
Dort befindet sich das Visitor Center des vielleicht berühmtesten Great-Walkes der Nordinsel, dem „Tangariro-Crossing“ im gleichnamigen Nationalpark. Für diese Wanderung hatten wir zuvor in Taupo nochmal extra unser Outdoorequipment um warme Merino-Alpaca-Possum Socken, Possum Handschuhe, Camelbag, Wanderstöcke aufgestockt. (Mit Possum meinen die Neuseeländer natürlich Opossum, das Nagetier gilt im ganzen Land als Plage und wird mit gestellten Fallen gejagt. Das Fell ist aber, ähnlich wie Alpaka, sehr beliebt für warme Wandersocken, Handschuhe und Hauben.)
Wir bereiteten uns also schon seelisch und ausrüstungstechnisch auf eine 19 km Wanderung mit starken Winden, Schnee-Felder und unbeständigem Wetter vor. Um so größer war die Enttäuschung in Martins Gesicht geschrieben, als uns die höfliche Dame im Nationalpark-Infocenter diese Wanderung mit Nachdruck ausreden wollte: zu viel Schnee und zu starker Wind würde auf uns warten. Dafür bekamen wir die nicht minder schöne Alternativwanderung zu den Tama Lakes empfohlen, die sich direkt zwischen den beiden Vulkanen des Parks befindet und somit besser von Wind und Witterungseinflüssen geschützt sind.
Auch wenn Martin am meisten enttäuscht war, dass es mit dem berühmte Tongariro-Crossing nichts geworden ist (was bei vielen Bekannten auch ein Hauptgrund war, nach Neuseeland zu reisen), die Nachricht, die wir eine Woche später erhielten überzeugte auch ihn, dass es keine schlechte Entscheidung war, nicht zu gehen: Eine vierköpfige Wandergruppe startete gemeinsam das Crossing, drei von ihnen kehrten wegen des schlechten Wetters auf halben Weg um. Eine Frau wollte alleine weitergehen und wurde tragischerweise am nächsten Tag tot aufgefunden. Unterschätzen sollte man die harschen Bedingung am Berg nie. Für das Tongariro-Crossing gibt es außerdem eine eigene Facebook Seite, die Wanderern täglich ein Wetter-Update gibt und einem sagt, ob es klug ist die Wanderung zu starten oder es lieber zu lassen.
mit einem Monster bis nach Christchurch
Georg Paminger alias Dr Karl Fröhlich
Auch nach der fünfstündigen Wanderung wollten wir „noch Meter machen“ und so setzten wir alle unsere Karten auf Georgs Geheimelixier, den Energydrink Monster. Mit zwei Stück davon ausgestattet, fuhr uns dieser in die 4 Stunden entfernte Hauptstadt Neuseelands, Wellington. Dieser Tag gab den Startschuss für dieses wohl berühmteste Zitat von Dr. Karl Fröhlich und zeigte uns was alles möglich ist.
Wellington
Die Hauptstadt Neuseelands, in der – wider unserer Erwartungen – an nur wenigen Orten „Beef Wellington“ angeboten wird, ist besonders für seine Craftbierszene sowie die hohen Windgeschwindigkeiten bekannt.
Mit unserem Campervan parkten wir eine Nacht kostenfrei am Hafen und eine Nacht in einer Seitengasse der Cuba Street, eine der bekanntesten Cafe- und Kneipenstraßen der Stadt.
Das Wetter hielt jenes Versprechen, was uns im Vorfeld angekündigt wurde: es war kalt, windig und regnerisch. Das Museum Te Papa nur als Schlechtwetterprogramm abzustempeln, würde der Qualität dieses facettenreichen Museums nicht gerecht werden. Dieses kostenfreie Nationalmuseum bietet zahlreiche, ständig wechselnde Ausstellungen. Wir besuchten eine über den ersten Weltkrieg, bei der mir erstmals bewusst wurde, dass Neuseeland und Australien, aufgrund der Verbindung durch den Commonwealth auch in den Krieg ziehen mussten. Die zweite, dauerhafte Ausstellung beschäftigte sich mit der Natur und Geologie Neuseelands, und erklärte die Häufigkeit von Erdbeben in dieser Region und deren Prävention. Also zwei richtig empfehlenswerte Ausstellungen, die uns geboten wurden.
Des weiteren bekamen wir von der engagierten Mitarbeiterin im Tourismusbüro eine Stempelkarte aller Craftbierbars Wellingtons, die wir Abends voller Ambition in Angriff nahmen.
MAGEMA TIPPS Neuseeland
- Die beste Art um Neusseeland zu bereisen ist mit dem Fahrrad (laut Martin), die zweitbeste mit dem Self Contained Campervan. Du kannst an den schönsten Plätzen stehen bleiben und dort kostenlos übernachten (ausser ein Verbotsschild verhindert das Vergnügen). Ab und zu verbringt man eine Nacht in einem Campervanpark, um zu Duschen sowie Strom und Internet zu genießen. Frischwasser und Abwasser kann an vielen Tankstellen gemanaged werden.
- Plane genügend Zeit ein! Das Wetter ist wechselhaft, also um nicht aufgrund des Zeitdrucks etwas im Regen durchziehen zu müssen sind Puffertage, an denen Wäsche gewaschen, gelesen, Ukulele gespielt oder das Dorfpub besucht werden kann unerlässlich.
- Die Drohne kann daheim bleiben. Grundsätzlich wäre es zwar erlaubt, jedoch muss vom Grundeigentümer dessen Zustimmung eingeholt werden und bei so gut wie jeder Attraktion, jedem Wanderweg und allen Nationalparks begrüßt einen ein Drohnenverbotsschild.
- Vergiss den Gucker/das Fernglas nicht. Neuseeland hat uns wieder einmal den Beweis geliefert, welche Tier- und Artenvielfalt unser Planet zu bieten hat. Oftmals hätten wir uns jedoch einen Gucker (es gibt da einen ganz guten Tiroler Hersteller, der auch hier durchaus bekannt ist) um noch ein bisserl näher an die Tiere heranzukommen.
- Mehrtageswanderungen. Um den Touristenmassen wirklich zu entfliehen erkundigt euch über die Great Walks/die Mehrtageswanderungen. Jene, die wir gemacht haben waren alle wahrhaftige Great Walks und ein weiterer Vorzug ist, dass deren Besucheranzahl durch die Nächtigungsplätze in den Hütten und am Campingplatz begrenzt ist.